Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen vom 18.06.2015, Az.: III ZR 189/14, 191/14, 198/14 und 227/14 entschieden, welche Anforderungen an Güteanträge zu stellen sind, die zur Hemmung der Verjährung von Ansprüchen wegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung führen sollen.
Hintergrund der Entscheidung, waren Ende 2011 massen- und formularhaft eingereichte Güteanträge. Damit sollten Ansprüche im Anlageberatungsgeschäft geschädigter Verbraucher vor derVerjährung bewahrt werden.
Die Frist zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen betrug zunächst gemäß § 195 BGB alter Fassung 30 Jahre. Durch die Schuldrechtsmodernisierung, welche zum 01.01.2002 in Kraft trat, gilt nun eine maximale Verjährungsfrist von 10 Jahren, welche mit Ablauf des 02.01.2012 für vor dem Jahr 2002 entstandene Ansprüche endete. Um die Verjährung drohender Ansprüche zu vermeiden, wurden in tausenden Fällen zur Hemmung der Verjährung Güteanträge eingereicht.
In den vom BGH entschiedenen Fällen hatten Rechtsanwälte geprellten Anlegern vorformulierte Mustergüteanträge zur Verfügung gestellt, welche die Anleger dann zur vermeintlichen Verjährungshemmung bei der Gütestelle eingereicht haben. Hiervon haben laut Bundesgerichtshof mehrere tausend Anleger Gebrauch gemacht. Im Anschluss hieran wurden durch die Anleger dann in etlichen Fällen Zivilprozesse wegen fehlerhafter Kapitalanlageberatung unter anderem auch gegen die Rechtsnachfolgerin der AWD Allgemeiner Wirtschaftsdienst GmbH, die Swiss Life GmbH geführt.
Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass die Güteanträge, welche in der Gütestelle in Freiburg eingereicht wurden, nicht geeignet waren, die Verjährung zu hemmen, da die Güteanträge nicht den Anforderungen genügen. Nach dem Bundesgerichtshof muss ein Güteantrag regelmäßig die konkrete Kapitalanlage bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den ungefähren Beratungszeitraum angeben und den Hergang der Beratung mindestens im Groben umreißen. Auch ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Antragsgegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist. Grundsätzlich muss der Güteantrag für den Gegner erkennen lassen, welche Ansprüche gegen ihn geltend gemacht werden sollen, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgsversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte.
Die von den geprellten Anlegern bei der Gütestelle in Freiburg/Breisgau eingereichten Mustergüteanträge genügen diesen Anforderungen nicht. Die Konsequenz ist, dass die Verjährung der Ansprüche durch die eingereichten Güteanträge und das Güteverfahren nicht gehemmt wurde. Dies wiederum bedeutet, dass Geschädigte, welche im Vertrauen auf die Hemmung der Verjährung einen Zivilprozess angestrengt haben, nun Gefahr laufen, dass die Klagen wegen Verjährung der Ansprüche abgewiesen werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Kläger dann neben dem Verlust ihrer Ansprüche auch noch die Rechtsanwalts- und Gerichtskosten tragen müssen.
Wir gehen davon aus, dass es zu den Pflichten von Rechtsanwälten gehört, dass Formulare, die einer unbestimmten Anzahl von Personen zu bestimmten Zwecken (hier: Einleitung eines verjährungshemmenden Güteverfahrens) zur Verfügung gestellt werden, in der Weise fehlerfrei sind, dass der Zweck auch erreicht werden kann.
Dieser Zweck wurde vorliegend von den Rechtsanwälten, die das fehlerhafte Formular zur Verfügung gestellt haben, verfehlt. Denn nun steht höchstrichterlich fest, dass eine Verjährungshemmung durch diese formularmäßigen Güteanträge nicht erreicht werden konnte.
Daher ist immer zu empfehlen, sehr konkret den einzelnen Sachverhalt, auch in einem Güteantrag vorzutragen. Alles andere ist eine anwaltliche Pflichtverletzung und führt zu einem Schadensersatzanspruch.
Heidelberg, Juli 2015
Jörg Ebenrecht
Rechtsanwalt
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