Die meisten Ordnungswidrigkeitsverfahren (OWiG) betreffen Geschwindgkeits- oder Abstandsverstöße. Wenn man den Blitzer nicht gesehen hat, erhält der Verkehrsteilnehmer in der Regel von dem Vorwurf des Verstoßes durch die Zusendung eines Anhörungsbogens Kenntnis.
Funktionen des Anhörungsbogens – Unterbrechung der Verjährung
Der Anhörungsbogen dient zum einen dazu, die persönlichen Daten des Fahrers zu prüfen, bei Firmen in der Regel diese erst einmal zu ermitteln. Weiter gibt er dem Fahrer die Möglichkeit, sich zum Tatvorwurf zu äußern. Wichtig ist hierbei, dass dem Betroffenen die vorgeworfene Tat deutlich und abgrenzbar zu anderen Sachverhalten vor Augen führt.
Dies ist wichtig, denn bei Ordnungswidrigkeiten im fließenden Verkehr gilt in Deutschland die sog. Fahrerhaftung (§ 18 StVG). Im europäsichen Ausland ist dies oftmals anders. In Italien kann ein Geschwindigkeitsverstoß auch geahndet werden, wenn der Fahrer nicht feststeht, zB. ein Motorradfahrer von hinten geblitzt wurde. Also achtung beim Verleih des Motorrades, wenn damit ins Ausland gefahren werden soll.
Mit Zusendung des Anhörungsbogens wird die kurze Verjährung bei Verkehrsverstößen (in der Regel 3 Monate) unterbrochen. Unterbrechen im Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) bedeutet, andes als im Zivilrecht (ZPO, BGB), dass die Dreimonatfrist von neuem zu laufen beginnt!
Sollte ich mich im Anhörungsbogen überhaupt äußern ?
Der Betroffene hat die Möglichkeit, sich im Anhörungsbogen zu äußern und Angaben zu machen. Dazu ist er jedoch gemäß § 55 OWiG nicht verpflichtet. Grundsätzlich rate ich davon ab, irgend etwas zu schreiben, wie „ich hatte es eilig, wird nicht mehr vorkommen, ich bitte um Entschuldigung“. Mit so einer Einlassung verschlimmert man es nur. Denn damit würde die Behörde auf Vorsatz schließen und die Strafe ggf. verdoppeln.
Angaben zur Person verpfichtend – oft liest man hier Strafandrohungen
In der Regel haben Sie etwa ein bis zwei Wochen Zeit, den Anhörungsbogen auszufüllen und zurückzusenden. Dabei müssen Sie sich nicht selbst belasten, dürfen zur Tat also schweigen. Gemäß § 111 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OwiG) sind Sie lediglich verpflichtet, den Anhörungsbogen unter Angaben zu Ihrer Person wie Ihrem Namen, Ihrem Wohnort und Ihrem Geburtsdatum zurückzusenden. Sind diese Angaben bereits richtig im Anhörungsbogen wiedergegeben, erübrigt sich auch diese Pflicht.
Kann ich einen Fahrer benennen, dessen Punktestand gering ist ?
Dies ist die mit Abstand schlechteste Idee, die man überhaupt haben kann. Kommt so etwas heraus, wird aus dem Ordnungswidrigkeitenverfahren mit Bussgeld und ggf. einem/zwei Punkten ein Strafverfahren mit erheblichen Konsequenzen. Ich rate von einer Falschbezichtigung immer ab. Schweigen Sie lieber und holen sich anwaltlichen Rat.
Heidelberg, 03.04.2021
Jörg Ebenrecht
Rechtsanwalt