Er wird im Internet immer häufiger angeboten – der Erwerb eines EU-Führerscheins in einem EU-Land, das keine sog. MPU kennt. Darf ich damit in Deutschland legal fahren ? Welche Probleme kommen auf mich zu – was ist ein Wohnsitzverstoß?

Wohnsitzverstoß als häufigster Grund für die Aberkennug der im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaunis

Deutsche Staatsanwälte und Führerscheinbehöreden sehen es nicht gerne, wenn ein schon lange aktenkundiger Fahrer, der zuletzt eine lange Sperre für die Wiedererteilung sowie die Auflage einer MPU erhielt, nunmehr mit einem Führerschein aus einem anderen europäischen Land aufgegriffen wird. Hier wird dann häufig versucht, die Gültigekeit der Fahrerlaubnis in Zweifel zu ziehen. Häufigstes Instrument ist der sog. Wohnsitzverstoß. Die Strafverfolgungsbehörden sprechen vom sog. Führerscheintourismus.

Es wird dabei übersehen, dass es sich bei der gegenseitigen Anerkennungspflicht der Führerscheine um geltendes und zwingendes EU-Recht handelt. Die Gültigkeit einer im EU-Ausland legal erworbenen Fahrerlaubis ist selbst dann gegeben, wenn in Deutschland die MPU gar nicht oder nicht erfolgreich abgelegt wurde! Die deutsche Sperrfrist muss bei Erwerb des Führerscheins im anderen EU-Land allerdings abgelaufen sein.

Was ist ein Wohnsitzverstoß?

Wichtiger Baustein für den legalen Erweb einer Fahrerlaubnis im europäischen Ausland ist, dass man in der Regel 6 Monate lang im Ausland seinen festen Wohnsitz gehabt haben muss. Hatte man nur im Hotel gewohnt, bestehen hieran berechtigte Zweifel.

Wie kann die Behörde den Wohnsitzverstoß feststellen ?

Für die Begründung von Zweifeln am Wohnsitzerfordernis reicht es nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVerwG) nicht, wenn die Behörden des Ausstellermitgliedstaates auf Anfrage der deutschen Behörden mitteilen, dass sie die Wohnsitzvoraussetzungen nicht geprüft hätten. Es reicht auch nicht, wenn die Antwort der ausländischen Behörde erkennen lässt, dass ihr Einzelheiten zu den tatsächlichen Gegebenheiten des Wohnsitzes unbekannt waren.

All dies hat rechtlich zwingend zur Folge, dass kein positives Indiz, keine Sachverhalt gegeben ist, der der deutschen Behörde Anlass zur Beanstandung gibt. Der deutschen Behörde sind die Hände gebunden. Denn sie hat keine Möglichkeit zur rechtlich relevanten Erschütterung, der durch die Führerscheinausstellung im EU-Ausland begründeten Vermutung, an der Wirksamkeit der erteilten Fahrerlaubis (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 24.10.19, Az.: 3 B 26.19). Die Realität zeigt aber, dass Führerscheinbehörden es immer wieder versuchen mit derartigen Argumenten den im Ausland erworbenen Führerschein anzugreifen.

Ergibt sich ein Wohnsitzvetstoß aus dem Führerschein selbst – der polnischer Führerschein enthält als Wohnsitz eine deutsche Stadt – sieht die Sache naturgemäß schlecht aus. Dies ist ein von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannter Mangel und beweist im Dokument den sog. Wohnsitzverstoß. So einfach ist es naturgemäß nur selten.

Greift die Behörde Ihren im Ausland erworbenen Führerschein an? Haben Sie Fragen?

Heidelberg, 03.04.2021

Jörg Ebenrecht

Rechtsanwalt

Rechtsanwaltskanzlei Heidelberg