Es zeichnet sich bei diesem Motor für Fahrzeuge der Oberklasse der gleiche Weg ab, wie für den EA 189 – auf die Verjährung der Ansprüche ist zu achten.
Nach einer sich über Jahre hinziehenden Prozesslawine hat der Bundesgerichtshof (BGH) festgestellt, dass im Motor EA 189 eine verbotene Abschaltautomatik verbaut ist. Das Problem vieler EA 189 Käufer, die bisher ihre Rechte noch nicht geltend gemacht hatten, ist nunmehr die Einrede der Verjährung. Es ist verständlich, dass Käufer bei unsicherer Rechtslage – gerade solche ohne Rechtsschutzversicherung – nicht sogleich einen Prozess anstrengen. Man hatte als betrogener Verbraucher die Wahl, seine Rechte vor Gericht geltend zu machen und (anfangs) zu unterliegen oder eben zuzuwarten. Letzteres barg das Risiko, dass der Anspruch verjährt. Auch die Musterfeststellungsklage hemmte die Verjährung nur dann, wenn einer Vielzahl von formellen Voraussetzungen peinlich genau erfüllt waren – daran scheiterte so Mancher.
Grundsätzlich gilt, dass die Verjährung am Ende des Jahres zu laufen beginnt, an dem man als Käufer Kenntnis von den den Tatbestand begründenden Umständen hat (oder hätte haben müssen). Unter den Tatbestand begründenden Umständen versteht man die Kenntnis davon, dass eine verbotene Abschaltautomatik verbaut ist. Das bedeutet, im schlimmsten Fall ab dem Kaufjahr dann, wenn es erste, ernst zu nehmende Urteile gab, die auch für diesen Motor von einer verbotenen Abschaltautomatik ausgehen.
Urteil des Oberlandesgericht Koblenz vom 05.06.2020, AZ: 8 U 1803/19 – Schadensersatz bei EA 897
Mit Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Koblenz vom 05.06.2020, AZ: 8 U 1803/19 wurde auch für den EA 897 erstmals rechtskräftig festgestellt, dass auch für diesen Motortyp EA 897 Schadensersatz zu leisten ist. Die Audi AG legte keine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gegen das Urteil ein.
Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz verurteilte Audi zur Zahlung von Schadenersatz Zug-um-Zug gegen Rückübereignung eines Audi SQ5 3.0 TDI V6, EURO 6. Für das Fahrzeug war zuvor vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) ein verpflichtender Rückruf angeordnet worden.
Das Oberlandesgericht sah es im Ergebnis als erwiesen an, dass es sich bei der schnelle Motoraufwärmfunktion, um eine unzulässige Abschalteinrichtung handele. Die die Schadstoffemission verringernde schnelle Motoraufwärmfunktion würde, so das Gericht, fast ausschließlich im Prüfzyklus auf einem Fahrstand in die Motorsteuerung eingreifen. Eine Schadstoffminderung im Straßenverkehr unterbleibe hingegen. Das Oberlandesgericht sah damit den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) als gegeben an und verurteilte die Audi AG entsprechend.
Die Höhe des Schadensersatzes richtet sich in solchen Fällen nach dem Kaufpreis, für den für jeden gefahrenen Kilometer ein sog. Nutzungsersatz abzuziehen ist. Bei 3,0 TDI Motoren geht man von einer Fahrleistung von 300.000 km aus. Der Kaufpreis ist also auf 300.000 km zu verteilen und je nach Laufleistung, der entsprechende Betrag abzuziehen. Bei Neuwagen gilt:
Kaufpreis ./. angenommene Gesamtlaufleistung x gefahrene Kilometer = vom Kaufpreis abzuziehender Betrag
Bei Gebrauchtwagen ist die Formel anzupassen und mit der angenommenen Restlaufleistung zu rechnen.
Soweit man zur Finanzierung des Fahrzeuges ein Darlehen aufgenommen hat, sind aufgebrauchte Zinsen, eine Vorfälligkeitsentschädigung teil des Schadensersatzanspruches. Dies zumindest immer dann, wenn es sich bei Autokauf und Darlehen um ein sog. verbundenes Geschäft handelt. Denn der Schädiger hat in solchen Fällen den Geschädigten so zu stellen, als ob er vom Geschäft (Kauf + verbundener Darlehensvertrag) nie gehört hätte. Allerdings darf sich der Kunde auch nicht an der Rückabwicklung bereichern.
Da zuvor schon zahlreiche Landgerichte ähnlich geurteilt haben besteht auch bei diesem Motor die große Gefahr, dass die Verjährungsfrist läuft. Ohnehin ist es leichter einen Schadensersatzanspruch innerhalb der gesetzlichen Gewährleistung geltend zu machen. Denn dann entfällt für den geschädigten Kunden die Pflicht neben der illegalen Abschalteinrichtung auch noch die Voraussetzungen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung zu beweisen.
In welchen Fahrzeugen der gehobenen Mittelklasse, der Oberklasse ist der Dieselmotor EA 897 verbaut?
Der Motor der Entwicklungsstufe EA 897 ist in vielen Fahrzeugen von Audi (A4, A5, A6, A7, A8, Q5, Q7), Porsche (Cayenne, Macan, Panamera) und VW (Amarok, Phaeton, Touareg) verbaut. Den Motor des VW-Konzerns gibt es in den Entwicklungsstufen EA 897 und EA 897 evo. Betroffene Fahrzeuge verfügen sowohl über die Abgasnorm Euro 5, als auch Euro 6, je nach Produktionsdatum.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat verpflichtende Rückrufe für viele Modelle dieses Motors angeordnet.
In der Rückruf-Datenbank des KBA (https://www.kba-online.de/gpsg/auskunftlisteServlet ) finden Sie diese Rückrufe, wenn Sie den Code 23X6 eingeben. Da einige Rückrufe bereits aus 2018 stammen, könnte dies ein erster Zeitpunkt für den Beginn einer Verjährung sein. Denn mit dem Rückruf wird ja gerade darauf aufmerksam gemacht, dass hier ein erheblicher Mangel vorliegt. Hier ist Vorsicht geboten.
Zurückgerufen wurden sowohl Euro 5, als auch Euro 6 Motoren. Die Fahrzeugeigentümer mussten ein Software-Update aufspielen lassen. Damit wurde die illegale Abschalteinrichtung (die den Stickoxid-Ausstoß auf dem Prüfstand reduziert) entfernt. Die Erfahrungen der Verbraucher mit diesem Software-Update sind gemischt. Viele Fahrer berichten von einem anschließenden, erheblichen Mehrverbrauch an AdBlue. Sie berichten von nachlaufenden Kühlern und durch erhöhte Temperaturen von vorzeitigem Verschleiß des Motors.
Heidelberg, Juli 2020
Jörg Ebenrecht
Rechtsanwalt
Aktualisierung im Mai 2021, Rückruf des KBA vom 05.05.2021 betreffend den Audi Q7:
KBA-Referenznummer:
010780
Hersteller-Code der Rückrufaktion:
23X6
Hersteller/Marke:
AUDI
Verkaufsbezeichnung:
Q7
Baujahr von:
2010
Baujahr bis:
2010
Betroffene Fahrzeuge (weltweit):
32
Vermutlich betroffene Fahrzeuge (Deutschland):
9
Überwachung der Rückrufaktion durch das KBA:
überwacht
Beschreibung:
Entfernung unzulässiger Abschalteinrichtungen bzw. der unzulässigen Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems.
Mögliche Einschränkungen der betroffenen Fahrzeugausführungen:
Audi Q7 3,0 TDI Euro 6
Abhilfemaßnahme des Herstellers:
–
Bekannte Vorfälle mit Sach-
und/oder Personenschäden:
nicht bekannt
Veröffentlichungsdatum:
05.05.2021
Hotline:
Bitte kontaktieren Sie den Fahrzeughersteller oder eine Vertragswerkstatt.