Der Bundestag hat am 17.12.2020 durch Ergänzung des Art. 240 EGBGB um § 7 eine Vermutungsregelung geschaffen welche für § 313 BGB klarstellt, dass die staatlich verordneten Nutzungsbeschränkungen aufgrund der div. Corona-Verordnungen der Länder, insbesondere die Pflicht zur Schließung vieler Geschäfte des Einzelhandels, von Fitnessstudios, Gaststätten, Restaurants usw., eine Störung der Geschäftsgrundlage im Gewerbemietverhältnis gem. § 313 BGB darstellen. Der Bundesrat stimmte dem am 18.12.2020 zu. Das neue Gesetz tritt mit Ablauf des 31.12.2020 in Kraft.

Damit sollen Verhandlungen der Parteien über den gesamten Inhalt, über Kündigungsfristen, Kündigungsrechte, vor allem aber über die Zahlungspflichten in Gewerbemietverhältnissen ermöglicht werden. Bisher standen die Vermieter mit Recht auf dem Standpunkt, dass an der Mietsache kein Mangel bestehe, sie ihre Leistung erbracht hätten und das Verwendungsrisiko der Räume allein Sache des Gewerbemieters sei.

§ 7 zu Art. 240 EGBGB wurde um folgenden Wortlaut ergänzt:

(1) Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.

(2) Absatz 1 ist auf Pachtverträge entsprechend anzuwenden.

Die staatliche Einschränkung, sagen wir besser die diversen Verbote, müssen die Verwendbarkeit der Mietsache für den Geschäftsbetrieb des Gewerbemieters erheblich einschränken oder ausschließen. Bekanntestes Beispiel für eine vollständige Aufhebung der Verwendbarkeit der Mietsache ist eine Schließungsverfügung eines Restaurants, einer Gaststätte, von Einzelhandelsgeschäften auf Grund der Corona-Verordnungen der Länder. Diese Vermutung soll für alle gewerblichen Mietverhältnisse, also auch für zu Freizeitzwecken (Sport und Kultur) angemieteten Räumen gelten.

Rechtsfolge ist nicht das Recht des Mieters, nunmehr gar keine Miete mehr bezahlen zu müssen. So sah dies im Jnauar 2021 z.B. ein großer, bundesweit tätiger Kleidungseinzelhändler aus dem Billigsegment und hat einem meiner Mandanten schriftlich angekündigt, im Januar nur 10% der Miete zu bezahlen und künftig bei Schließungsverordnungen gar nichts mehr bezahlen zu wollen. Der Inhalt des Schreibens sollte mit zustimmender Unterschrift gleich bestätigt werden – der Einzelhändler verlangte also forsch eine Vertragsänderung zu seinen Gunsten. Unterschreiben Sie als Vermeiter so etwas auf keinen Fall – zumindest nicht, ohne darüber mit einem kundigen Rechtsanwalt gesprochen zu haben. Denn so ein einseitiges Ansinnen ist natürlich Unsinn und stellt keine sachgerechte Risikoverteilung zwischen den Parteien dar! Auch ein Vermieter hat Fixkosten und in Kenntnis der Pandemie hätte man sich auf Abschläge, Sonderkündigungsrechte beider Seiten, Stundungen oder sonstigen Pandemieklauseln geeinigt. Keinesfalls hätte man einseitig vereinbart, dass der Vermieter nunmehr das volle Verwendungsrisiko der Mietsache tragen muss und auf dem Schaden sitzen bleibt.

Als Rechtsfolge schafft die Regelung also NUR eine gesetzliche Vermutung dafür, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden war, NACH Vertragsschluss schwerwiegend im Sinne des Gesetzes verändert hat. Diese Vermutung kann widerlegt werden und ist für Fälle, in denen der Mietvertrag nach Bekanntwerden der Pandemie geschlossen wurde, m.E. erst gar nicht anwendbar – es fehlt an der nachträglichen Änderung. Die neue Vorschrift bringt also kein grundsätzliches, kein generelles Mietminderungsrecht für Gewerbemieter, verbessert aber deren Verhandlungsposition und soll eine Risikoverteilung unter den Parteien auch für bestehende Mietverhältnisse ermöglichen.

Wünschenswert wäre auch, wenn eine solche Gesetzesergänzung für die oft hinter Gewerbemietobjekten stehende Finanzierung geschaffen würde. Denn sonst sehe ich zeitversetzt eine Pleitewelle der Vermieter, zahlreiche Zwangsversteigerungen auf uns zukommen.

Wenn Ihr Gewerbemieter nunmehr mit Verweis auf dieses neue Gesetzt mit Minderungswünschen um 100% auf sie zukommt, sprechen Sie mich an. Eine solche Minderung gibt dieses Gesetz nicht her. Wenn Sie als Gewebemieter angemessen Ihre Miete mindern wollen stehe ich Ihnen ebenfalls mit Rat zu Seite.

Heidelberg, 29.12.2020

Rechtsanwaltskanzlei Heidelberg